Den ersten verfügbaren Verkehrszahlen des Analysehauses Vesselsvalue zufolge, könnte der von den chinesischen Gesundheitsbehörden verhängte Lockdown über die südchinesische Metropole Shanghai die negativen Effekte der vorangegangenen Lockdowns weit übertreffen. Zwar zeigen die Daten, dass ein erhöhtes Schiffsaufkommen zu dieser Zeit des Jahres kein ungewöhnliches Phänomen ist. Die derzeitige Hafenüberlastung übersteigt allerdings die übliche bei weitem. Bereits jetzt stauen sich vor der Küste Shanghais mehr als 300 Schiffe – mehr als doppelt so viele wie vor einem Jahr und rund dreimal so viele wie im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021, in die die ersten Lockdowns von Anfang 2020 fielen.
Darüber hinaus verstärkt das Herunterfahren des öffentlichen Lebens in der 26-Millionen-Einwohner-Stadt in der Verlängerung auch die internationalen, vor allem Schiffstransport-gestützten Logistikketten. Diese leiden bereits seit gut zwei Jahren unter den Folgen der Corona-Pandemie. Das zeigt sich unter anderem in langen Hafenliegezeiten für die Schiffe, einem Mangel an Containern und nicht mehr kalkulierbaren Fahrplänen der Containerfrachter. In der Folge stocken für die arbeitsteilig organisierte Industrie auf den verschiedenen Kontinenten die Produktionsprozesse erheblich, weil wichtige Teile fehlen.
Seit 2016 ist das Reich der Mitte der wichtigste Handelspartner Deutschlands: Zwischen beiden Ländern wurden im vergangenen Jahr Waren im Wert von 245,4 Milliarden Euro gehandelt, 15,1 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr 2020.
Reedereien im Krisenmodus
Die großen Reedereien operieren bereits seit gut zwei Jahren im Krisenmodus. So macht die dänische Reederei Maersk ihre Kunden schon mal mit weiter steigenden Transportkosten vertraut. Die Lagerhäuser in Shanghai dürften noch bis mindestens Freitag geschlossen bleiben, teilte der dänische Reederei-Konzern mit. „Infolgedessen wird es zu längeren Lieferzeiten und einem möglichen Anstieg der Transportkosten wie Zuschläge aufgrund von Ausweichtransporten und Autobahngebühren kommen“, schrieb Maersk.
Von den Lockdown-Maßnahmen in Shanghai Betroffen wird auch der Hamburger Hafen sein, erwartet Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH). „Der Seetransport von Asien dauert gut sechs Wochen. Folglich dürfte mit dieser Verzögerung auch die durch den neuerlichen Lockdown in Shanghai ausgelöste Problemwelle in den für den China-Verkehr relevanten EU-Häfen ankommen.“ In vielen Häfen seien die Terminals voll, weil Boxen nicht rechtzeitig nach Übersee verschifft werden können.
Quellen: Vesselsvalue/DVZ/THB
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