Im südchinesischen Hafen von Yantian herrschen derzeit massive Abfertigungsengpässe, die die ohnehin angespannten maritimen Lieferketten weltweit zu sprengen drohen. Insgesamt sollen 50 Containerschiffe mit einer geschätzten Kapazität von 500.000 TEU vor dem zu Shenzhen gehörenden Hafen auf Reede liegen und auf ihre Abfertigung warten. In normalen Zeiten werden in dem Hafen rund 400.000 TEU wöchentlich umgeschlagen. Bei der aktuellen Produktivität von maximal gut 40 Prozent werden es aller Voraussicht nach in der nahen Zukunft deutlich weniger werden.
Hapag-Lloyd-CEO Rolf Habben Jansen sieht in dieser Situation ein „großes Problem“, wie er vor Journalisten sagte. Die nächste Woche oder die kommenden zehn Tage seien entscheidend, ob sich diese lokale zu einer erneuten internationalen Krise in der Schifffahrt auswachse. Konkret sagt er: „Wenn sich die Engpässe nicht in diesem Zeitraum auflösen, wird es längerfristige Auswirkungen haben.“
Staus in den Häfen bleiben an der Tagesordnung
Die Staus in dem viertgrößten Containerhafen der Welt kommen zur Unzeit, denn die Überlastung der Containerschifffahrt dauere weiterhin an, so der Manager. Weder in Nordamerika noch in Europa habe sich die Lage bisher entspannt. Die durchschnittliche Wartezeit der Schiffe auf einen Liegeplatz habe sich auf im Schnitt drei Tage in etwa verdoppelt. Die Rundlaufzeiten der Container hätten sich um ein Fünftel auf 60 Tage verlängert. Die Folge: „Man braucht mehr Schiffe und mehr Equipment“, so Habben Jansen. Beides ist absolute Mangelware. Folglich rechnet der Unternehmenslenker auch erst in der zweiten Jahreshälfte mit der Chance auf eine substanzielle Verbesserung der Lage.
Beteiligung am JadeWeserPort wird geprüft
Der Reederei-Chef äußerte sich auch kurz zu den Überlegungen einer Beteiligung am JadeWeserPort in Wilhelmshaven. „Wir untersuchen, ob es für uns Sinn machen würde“, sagte er. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. In einem Interview vom 11. Juni mit der „Welt“ nannte Habben Jansen als einen Vorteil einer Beteiligung die Möglichkeit, „zum Beispiel einen Containerdienst aus Fernost nach Europa zuerst nach Deutschland fahren zu lassen und nicht zunächst in die Niederlande oder nach Belgien. Das wiederum hätte das Potenzial, die deutschen Häfen gegenüber Rotterdam und Antwerpen zu stärken. Ich habe oft gesagt, dass eine bessere Zusammenarbeit der deutschen Hafenstandorte eine gute Sache wäre. In den vergangenen zwölf Jahren haben Hamburg, Bremen und Bremerhaven ständig Marktanteile gegenüber den Westhäfen in den Niederlanden und Belgien verloren. Wir sollten die eigenen Stärken bestmöglich nutzen.“
Quelle: dpa/DVZ/Die Welt
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