Der 48-stündige Hafenarbeiterstreik in der vorigen Woche hat den Stau von Containerfrachtern auf der Nordsee nochmals wachsen lassen. Zwar sei die Situation nicht ausschließlich auf die Streiks der Hafenbelegschaft zurückzuführen, so der Ökonom Vincent Stamer vom Kiel-Institut für Wirtschaftsforschung (IfW), „aber sowohl die Streiks als auch Kapazitätsengpässe an den Häfen haben die Situation verschärft.“ Erstmals seit Beginn der IfW-Datenerhebung im Jahr 2016 ist die Zahl der auf Reede-Position befindlichen Container-Carrier auf mehr als 20 angewachsen – insgesamt warteten Mitte Juli 24 Schiffe darauf, ihren deutschen Zielhafen anzulaufen.
Und das Problem könnte sich laut Vincent Stamer noch zuspitzen: Nach Ende des Lockdowns in Shanghai legen die Schiffe dort wieder in gewohnter Anzahl ab, sodass sich der Handel Chinas mit Europa erholt und das Rote Meer nach dem Einbruch vor zwei Wochen wieder deutlich mehr Frachtvolumen verzeichnet – etwa zehn Tage brauchen Schiffe vom Suezkanal bis Hamburg.
Zwei Prozent der globalen TEU-Transportkapazität
Weiterhin binden demnach allein die in der Nordsee aufgestoppt liegenden Frachter aktuell mehr als zwei Prozent der globalen TEU-Transportkapazität. Der Großteil davon befinde sich mittlerweile in der Deutschen Bucht, von der aus zum Beispiel die Containerhäfen Hamburg und Bremerhaven angesteuert werden.
Für die deutsche Wirtschaft bedeute das kurzfristig weitere Lieferverzögerungen und mittelfristig höhere Importpreise, gerade bei Produkten aus Ländern außerhalb Europas.
Indes ergibt eine aktuelle Konjunkturumfrage des Mittelstandsverbunds in Berlin, dass derzeit viele mittelständische Unternehmen in Deutschland durch starke Lieferengpässe belastet sind. 75 Prozent der befragten Unternehmen beschrieben die Lage als „gravierend“. Besonders starke Engpässe gibt es demnach bei Metall, Holz, Kunststoffen, bei Elektrogeräten und Elektronikkomponenten sowie Papier und Schreibwaren. Die Lieferengpässe zeigen sich laut Verbund am stärksten in Lieferverzögerungen, es komme aber auch zu Preissteigerungen.
Quelle: IfW