Die seit Monaten stark gestiegenen Containerfrachtraten tragen gemeinsam mit hohen Rohstoffpreisen in erheblichem Umfang bei zur jährlichen Verbraucherpreis-Inflation der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20). Das ergab eine aktuelle Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Für Ende 2021 erwarten die Analysten eine G20-Verbraucherpreis-Inflation von 4,5 Prozent. Zu diesem Wert steuere die Entwicklung von Frachtraten und Rohstoffpreisen 1,5 Prozentpunkte bei – also ein Drittel. Bereits für den Großteil der bisherigen Inflationsentwicklung des laufenden Jahres waren die beiden Kostentreiber laut den Autoren verantwortlich.
Ungewöhnlich ist, dass die Transportpreise überhaupt auf die Inflationsentwicklung durchschlagen. Gut 90 Prozent der global gehandelten Güter werden auf dem Seeweg transportiert. Dabei macht die Rate pro Container in der Regel effektiv nur einen minimalen Anteil des Warenwerts pro Sendung im Einzelhandel aus – und kann daher eigentlich keinen Einfluss auf höhere Verbraucherpreise haben. Jedoch gilt dies umso weniger, je größer das Volumen des Handelsguts und je niedriger sein Warenwert ist.
Damit es jedoch für den Endverbraucher überhaupt zu Inflationsdruck kommen kann, müssen sich die hohen Transport- und Rohölpreise zunächst in steigenden Importpreisen niederschlagen. Sie sind letztlich das Ergebnis der an die Käufer der Güter weitergegebenen Preissteigerungen. Dies lässt sich an der Entwicklung der Importpreise in Deutschland exemplarisch darstellen: So stiegen im August 2021 die Einfuhrpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 16,5 Prozent; bereits im Juli waren es 15, im Juni 12,9 und im Mai 11,8 Prozent gewesen. Laut OECD hat sich der gewichtete Beitrag des Frachratenniveaus der Schifffahrt an der Verbraucherpreis-Inflation gegenüber Januar 2019 knapp verfünffacht. Der Inflationseffekt des Rohöls hingegen ist mit einem Plus von 20 Prozent vergleichsweise gering.
Der deutliche Beitrag der Containerfrachtraten hat seinen Ursprung in der extremen Entwicklung des Transportpreisniveaus in der Linienschifffahrt, das immer mehr Waren unter Preisdruck setzt. Nach Angaben des maritimen Beratungsunternehmens Drewry Shipping Consultants liegt der Transportpreis auf der für den europäischen Gütermarkt maßgeblichen Route zwischen China und Nordeuropa derzeit 564 Prozent über dem Vorjahresmonat; gegenüber dem entsprechenden Zeitpunkt vor zwei Jahren ist die Rate um 1.120 Prozent in die Höhe gegangen.