Die Lage im weltweiten Container-Schiffsverkehr ist weiterhin angespannt – mit Folgen für den internationalen Handel. So gelten die aktuellen Corona bedingten Störungen als eine der Hauptursachen für Materialengpässe in Europa. Nach Einschätzung vieler Volkswirte sorgen sie dafür, dass zum Beispiel die deutsche Industrie ihre gut gefüllten Auftragsbücher derzeit nur zum Teil abarbeiten kann. Eine Verbesserung der Situation ist zwar nur eine Frage der Zeit. Bis es soweit ist, muss der internationale Handel aber das Tal weiter durchschreiten.
So stagniert nach neuesten Daten des Marktforschers Container Trade Statistics für den Monat Mai das globale Containeraufkommen zum ersten Mal seit mehreren Monaten. Demnach liegt zwar liegt die Anzahl global im- und exportierter 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) mit rund 15,2 Millionen rund 14,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Doch dieser Wert ist statistisch verzerrt und kaum aussagekräftig. Der Grund ist, dass er maßgeblich durch einen Corona bedingten Basiseffekt zustande kommt. Der Vergleich mit dem Vor-Coronajahr 2019 liefert ein präziseres Bild. Hier schrumpft das aktuelle Nachfragewachstum gegenüber Mai 2019 auf gerade mal ein Prozent. Über den Zeitraum von zwei Jahren gemittelt, ergibt das Plus mit 0,5 Prozent de facto eine Stagnation. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres lag das Wachstum gegenüber demselben Zeitraum des vorvergangenen Jahres bei rund 3 Prozent.
Lieferketten seit Monaten unter Druck
Laut Lars Jensen, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Vespucci Maritime, ist der Grund für diesen Trend in den seit Monaten unter Druck stehenden maritimen Lieferketten zu sehen. Sie seien durch Kapazitätsknappheit und Lieferengpässen geprägt, schreibt Jensen bei Linkedin. Hervorgerufen werden sie unter anderem durch den derzeitigen Stau im Containerschiffsverkehr im Süden Chinas. Er behindert weiter massiv die globalen Güterströme. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft ist die Zahl wartender Containerschiffe im chinesischen Perlflussdelta nach wie vor ungewöhnlich hoch. Einzelne Häfen wie Yantian hätten weniger als die Hälfte ihrer üblichen Containermenge verschifft. Knapp fünf Prozent aller Containerschiff-Kapazitäten seien gegenwärtig durch Staus an den chinesischen Häfen gebunden – Tendenz steigend. Das ist mehr als in der ersten Corona-Welle. Im Roten Meer zwischen Nordafrika und der arabischen Halbinsel, seien daher aktuell zehn Prozent weniger Containerschiffe unterwegs, als zu erwarten wäre.
Der Stau im chinesischen Hafen Yantian wurde von einem Corona-Ausbruch unter Hafenarbeitern ausgelöst. Er gilt innerhalb der Schifffahrtsindustrie längst als ein größeres Problem als die einwöchige Blockade des Suezkanals, die Ende März durch die Havarie des Containerfrachters „Ever Given“ verursacht worden war. Die weltgrößte Container-Reederei Maersk hatte ihren Kunden zwar kürzlich signalisiert, dass sich die Überlastung in Yantian allmählich auflöse, weist aber darauf hin, dass wenn ein Hafen betroffen sei, dies zu einer Abwärtsspirale für benachbarte Häfen werden könne.
Streit beendet: Ever Given nimmt wieder Fahrt auf
Aufgelöst hat sich hingegen der Streit um die tagelange Blockade des Suezkanals durch die „Ever Given“. Das Containerschiff der Reederei Evergreen ist am 7. Juli freikommen. Details zur Vereinbarung mit der ägyptischen Kanalbehörde wurden nicht genannt. Nach wochenlangen und umfangreichen Verhandlungen habe es eine „grundsätzliche Einigung“ gegeben, hatte die britische Anwaltskanzlei Stann Marine kürzlich bekanntgegeben. Sie vertritt die Eigentümer sowie Versicherer der „Ever Given“. Die Kanalbehörde beschlagnahmte das Schiff, das am Großen Bittersee lag, der den nördlichen vom südlichen Teil des Suezkanals trennt.
Quellen: Container Trade Statistics / IfW / DVZ /THB