Die Digitalisierung der Schifffahrt könnte nach Ansicht von Branchenexperten dafür sorgen, dass Lotsen künftig nicht mehr physisch an Bord sein müssen. Die Aufgaben eines Sicherheitsoffiziers könne moderne Kameratechnik übernehmen. Ähnlich wie bereits in der Luftfahrt bereite die digitale Transformation auch der Seefahrt neue Wege, um Kosten über einen hohen Automatisierungsgrad drastisch zu senken. Das wurde kürzlich bei der CeMAT Port Technology Conference in Hannover deutlich.
Der geschäftsführende Gesellschafter der Arkon-Reederei aus Haren an der Ems, Torsten Westphal, sprach von einer „Zeitenwende“. Dank neuer Technologien könnten viele Dinge in der Seefahrt völlig neu geregelt werden: Hochleistungsnetze an Bord vorausgesetzt, könnten beispielsweise Maschinendaten direkt zum Hersteller übermittelt werden, der sich dann um die Ersatzteilbeschaffung kümmern und Kleinteile gegebenenfalls auch kostensparend per 3-D-Druck herstellen könne.
Radikale Optimierung der Logistikketten an Land
Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), mahnte die hohen Kosten in der Branche an: Internationale Transportvorgänge in den Häfen seien demnach für etwa 40 bis 50 Prozent verantwortlich. „Das gleiche gilt übrigens auch in der Luftfahrt: die meisten Kosten entstehen am Boden“, sagte Hosseus. Die Analogie zur Luftfahrt wurde auch beschworen bei der Forderung nach neuen Schiffen, die die Effekte der Energiewende nutzen. Moderne LNG-Antriebe auch für die größten Containerschiffe der Welt, etwa die neuen Mega-Carrier der Reederei CMA CGM mit Platz für 22.000 Standardcontainer, sind ein Beispiel dafür.
Angesichts wachsender Konkurrenz wurde bei der Hafenlogistik-Konferenz in Hannover auch eine radikale Optimierung der Logistikketten an Land gefordert – etwa bei der Abfertigung von Seegütern, bei der es teilweise noch zu viele Reibungsverluste geben würde. Dies sei ein wichtiger Wettbewerbsfaktor, denn nach ZDS-Angaben gehören längst nicht mehr nur Rotterdam oder Antwerpen, sondern auch der griechische Hafen Piräus oder baltische Häfen wie Gdansk zu den Konkurrenten.
Auf dem Weg in die Schifffahrt von morgen
Auf der Konferenz wurden zudem strukturelle Hürden auf dem Weg in die Schifffahrt von morgen identifiziert, die umgehend beseitigt werden müssten. Jahrzehntealte Strukturen sollten dringend aufgebrochen werden, denn Regulierungen müssten der Innovation folgen und nicht umgekehrt. Hier wurde der Ruf nach einer europäischen Lösung laut: Mit einem einheitlichen maritimen Positionspapier will sich Deutschland in Brüssel Gehör verschaffen.
Quelle: dpa
Fotos: Marlies Schwarzin/pixelio.de, ZDS