Marc-Oliver Hauswald ist der neue Geschäftsführer der JadeWeserPort-Vermarktungsgesellschaft. Für die Weiterentwicklung des Standorts hat er sich viel vorgenommen. Sein Ziel: Wilhelmshaven als feste Größe unter den nordeuropäischen Seehäfen zu etablieren.
Herr Hauswald, Sie bringen zwei Jahrzehnte Erfahrung in Führungspositionen bei internationalen Logistikunternehmen mit – wo sehen Sie mit Ihrem Hintergrundwissen den JadeWeserPort in den kommenden 20 Jahren?
Lassen Sie uns zunächst einmal in den Rückspiegel schauen. Vor über zehn Jahren konnte ich hier beobachten, wie die ersten Flächen für das neue Terminal aufgespült wurden. Ich spürte, das wird alles seine Zeit brauchen. Nicht der Bau, sondern die Entwicklung des Hafens und auch des GVZ. Weil es hier einfach kein Netzwerk aus Industrie und Logistik gab, das für Ladung gesorgt hätte. Heute sind wir da schon einen großen Schritt weiter. Und um auf die Frage zurückzukommen: In 20 Jahren werden wir hier eine volle Auslastung haben, sowohl des Hafens als auch unserer logistikaffinen Flächen im GVZ.
Der JadeWeserPort wirbt damit, im Gegensatz zu vielen anderen Häfen noch über freie Logistikflächen zu verfügen. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Wir haben zurzeit im GVZ eine Flächenauslastung von fast 80 Prozent. Bei der Flächenvergabe schauen wir ganz genau hin, was die Unternehmen mitbringen, genauer gesagt: wie viel Ladung sie mitbringen. Wir wollen aus dem GVZ nämlich weniger ein Dienstleistungs-, sondern eher ein Warenzentrum machen. Denn unsere große Stärke ist die direkte Verzahnung des GVZ mit dem benachbarten Containerterminal.
Können Sie das an einem Beispiel erläutern?
Gerade ist es uns gelungen, den Dortmunder Lebensmittellieferanten Naturlink auf dem GVZ anzusiedeln. Naturlink wird Obst- und Gemüsesorten per Schiff aus der Türkei, Asien und Südamerika importieren, diese dann in der neuen Betriebsstätte zusammenstellen, abfüllen und von hier aus zur Weiterverarbeitung an Kunden in den gesamten europäischen Markt liefern. Das sorgt für Ladung und ist genau das, was wir brauchen!
Welche Optionen bieten Sie Logistikdienstleistern an, die sich am JadeWeserPort ansiedeln wollen?
Die Flächen im GVZ sind sehr hochwertig entwickelt und damit für Logistikdienstleister oft auch eine Frage der Kosten. Ihnen bieten wir attraktive Alternativen im Umland an, denn eine Spedition beispielsweise muss ja nicht zwingend ihren Standort im GVZ haben. Und wenn wir auf eine Vollauslastung im GVZ zusteuern, dann haben wir noch rund 300 Hektar Fläche auf dem Gebiet des benachbarten Voslapper Grodens in der Hinterhand. Die gehören uns schon, müssen aber noch entsprechend nutzbar gemacht werden. Wir sind für die Zukunft also wirklich gut aufgestellt.
Früher standen Sie hier an der Küste und haben den Bau des Terminals beobachtet, jetzt werden Sie selbst die nächsten Impulse setzen. Was hat Sie gereizt, diesen Job anzutreten?
Ich habe früher schon einige Jahre meines Lebens beruflich an der Jade verbracht und bin gerade dabei, hier erneut Wurzeln zu schlagen. Die Region habe ich wirklich liebgewonnen. Beruflich reizt es mich sehr, meine unterschiedlichsten Erfahrungen komprimiert für den Standort einzubringen. Ich kann mich in alle Unternehmen gut hineindenken, kenne ihre Anforderungen, kann den Ball schnell aufnehmen.
Seit mehreren Monaten laufen Diskussionen um eine verstärkte Kooperation der norddeutschen Seehäfen. Was bedeutet das für den JadeWeserPort?
Wir können sofort alle unsere Vorteile ins Spiel bringen: Wir sind der einzige deutsche Container-Tiefwasserhafen, haben ausreichend freie Kapazitäten, und der Terminalbetreiber Eurogate passt zudem gerade die Containerbrücken an die künftig zu erwartenden Schiffsgrößen an. Zwei weitere hat Eurogate schon bestellt, sodass wir vom Frühjahr 2024 an insgesamt zehn sehr leistungsfähige Brücken im Einsatz haben werden. Das steigert unsere Performance enorm und zeigt auch potenziellen neuen Kunden: Wir sind bereit! Gleichzeitig stelle ich immer wieder fest, dass wir noch stärker an unserer Außenwirkung arbeiten müssen, obwohl wir längst eine feste Größe unter den nordeuropäischen Seehäfen sind.
Das hat ja kürzlich auch schon die Linienreederei HapagLloyd überzeugt.
Darüber freuen wir uns sehr. Hapag-Lloyd ist nicht nur zu 30 Prozent am Container Terminal Wilhelmshaven (CTW), sondern auch mit 50 Prozent am Rail Terminal Wilhelmshaven (RTW) beteiligt. Unser Hafen ist zudem zum Start- und Zielpunkt des Fernostdienstes „FE2“ geworden, der jetzt an der Jade statt wie zuvor an der Elbe seinen östlichsten europäischen Hafen erreicht und hier dreht. Auch die neuen Mega-Carrier, die Hapag-Lloyd derzeit bauen lässt, werden regelmäßig den JadeWeserPort anlaufen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass unser Service für unsere Kunden nicht in dem Moment endet, in dem sie ihre Unterschrift unter den Vertrag setzen. Wir wollen und können den Standort Wilhelmshaven nur gemeinsam weiterentwickeln, dazu gehört die ständige gegenseitige Unterstützung.
Erlauben Sie uns zum Abschluss noch einen Blick in Ihren Terminkalender. Was steht bei Ihnen in den kommenden Wochen und Monaten ganz oben auf der Agenda?
Mein Vorgänger Andreas Bullwinkel hat eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik betrieben und auch in den letzten Monaten viele Projekte angeschoben. Die Flächennachfrage von ansiedlungsinteressierten Unternehmen war noch nie so hoch – und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Das bedeutet: Wir haben jetzt viele Vertragsverhandlungen vor der Brust. Wir bewerten die Interessenten nach vielen Kriterien und prüfen, ob sie zu uns und hierher passen. Dabei spielt vor allem die Wertschöpfung eine wichtige Rolle.
Quelle: TIEFGANG#18/JadeWeserPort