Im TIEFGANG, dem Kundenmagazin des JadeWeserPorts, wurde Richard Winter, Regional Manager Hamburg, Hannover bei JLL, gefragt, welche Erwartungen die Logistikimmobilienbranche an den Hafen-Standort Deutschland hat.
Herr Winter, was braucht es aus der Sicht der Logistikimmobilienbranche, damit der Hafen-Standort Deutschland für Logistiker langfristig attraktiv bleibt?
Industrieunternehmen und Logistikdienstleister überdenken derzeit vor dem Hintergrund der internationalen Verwerfungen ihre bestehenden Lieferketten, um sie resilienter aufzustellen. Dabei zeigt sich: Die Akteure agieren flexibler und ortsunabhängiger als gedacht. Das Problem in Deutschland ist jedoch, dass es keine klare Perspektive gibt, wie der Seegüter- und vor allem der Containerumschlag zukünftig als Ganzes organisiert werden soll. Wo wird in Zukunft der Großteil an Containern aus aller Welt ankommen? In Hamburg oder doch am JadeWeserPort? Das ist meiner Meinung nach alles andere als klar. Hinzu kommt die starke Konkurrenz durch die Häfen in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen. Sie könnte viele Unternehmen veranlassen, ihre Logistikhubs auch in die Beneluxländer zu verlegen.
Um den Standort Deutschland zu stärken, plädiere ich daher klar für eine Kooperation der norddeutschen Seehäfen, in der jeder seine jeweiligen Stärken ausspielen kann. Und wenn ich ‚in Zukunft‘ sage, dann meine ich ‚in naher Zukunft‘. Die Gespräche über eine Hafenkooperation laufen ja bereits seit einiger Zeit. Sie müssen jetzt dringend zu einem Abschluss gebracht werden.
Wie können die beteiligten Akteure von einer Hafenkooperation profitieren?
Eine Kooperation hat im Grunde für alle Seiten vor allem Vorteile. Wilhelmshaven kann die Vorteile seines Tiefwasserhafens einbringen – und auch davon profitieren. Als Hamburgs Stärke sehe ich insbesondere die grünen Industrien, die importierte Rohstoffe und Vorprodukte veredeln beziehungsweise weiterverarbeiten. In Bremen und Bremerhaven liegen die Kompetenzen insbesondere beim Automobilumschlag. Eine im Kern so klare Aufteilung bedeutet für Industrieunternehmen und Logistikdienstleister eine klare Perspektive und somit mehr Planungssicherheit für Investitionen.
Welche Standort-Vorteile bietet der JadeWeserPort?
Das Image des JadeWeserPort hat bei Industrieunternehmen und Logistikdienstleistern im vergangenen Jahr einen erheblichen Schub erfahren. Wir haben viele Anfragen von Unternehmen, etwa aus der Pharma-, der Automobil- und der Lebensmittelbranche, die sich für den Standort Wilhelmshaven interessieren. Auch Immobilien-Investoren haben ihn verstärkt ins Visier genommen. Das hat seine Gründe: Zum einen bietet der Tiefwasserhafen sowohl für Logistiker als auch für Reedereien Sicherheit. Auch die größten Containerschiffe können hier jederzeit und ohne Rücksicht auf die Gezeiten anlegen – selbst dann, wenn sie voll beladen sind. Nicht zuletzt für den Aufbau resilienter Lieferketten ist das ein großer Vorteil.
Außerdem spricht für den JadeWeserPort, dass perspektivisch noch sehr viele Flächen freigegeben werden können. Aber – Stichwort Perspektive – auch hier mahne ich zur Eile. Der Freigabeprozess darf sich nicht über viele Jahre oder gar Jahrzehnte strecken. Dass die Hinterlandanbindung jetzt vollständig elektrifiziert ist, ist ein entscheidender Pluspunkt. Notwendig ist aus meiner Sicht, dass in Wilhelmshaven auch die Feederverkehre schnell weiter ausgebaut werden.
Quelle: TIEFGANG#17