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Dawei Port Project: Gigantischer Hafen in Myanmar soll neues Tor nach Indochina werden
Veröffentlicht am 23.06.2015

Die frühere Militärdiktatur will zum Business-Zentrum werden: Myanmar plant, mit dem riesigen Hafen Dawei Port Project eine Neuverteilung der Handelsströme in Asien. Die Kehrseite: Das bitterarme Volk soll vertrieben werden.

Zerdellte Fischerboote dümpeln vor der Küste von Dawei in Myanmar. Im Hinterland werden die Felder bestellt. Noch. Bald sollen Bauern und Büffel weichen, denn hier ist eine gigantische Industriezone mit dem Tiefseehafen Dawei Port Project geplant. Der südostasiatische Staat, dessen Bevölkerung bis 2011 jahrzehntelang von einer Militärjunta unterdrückt wurde, sucht den Weg in die Weltliga der Hafenbetreiber. Das Dawei Port Project würde in seiner angestrebten Kapazität in die Top Ten der größten Häfen der Welt vorstoßen. Thailands größte Baufirma Italian-Thai geht nach eigener Aussage davon aus, dass die Verträge für die erste Bauphase in Kürze unterzeichnet werden.

Ehrgeizig, aber auch umstritten: das Dawei Port Project

Das, was die Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft das wohl ehrgeizigste Industriezonenprojekt Südostasiens nennt, wird vom Dawei Port Project selbst als „neues Tor nach Indochina“ vermarktet. Pravee Kamolkanchana, Marketing-Manager bei Italian-Thai, bezeichnet das Dawei Port Project als das größte Bauvorhaben in der Geschichte des Unternehmens: „Dawei wird der größte Logistik-Hub dieser Art in der Region“, sagt er. Nach Firmenangaben wird das Projekt rund 50 Milliarden Dollar (ca. 46,5 Milliarden Euro) an Kosten verschlingen. In der Region sollen 100.000 Arbeitsplätze entstehen.

Allerdings schrillen vor Ort die Alarmglocken. Angaben des Dawei-Entwicklungsvereins zufolge leben dort etwa 43.000 Menschen, denen zum Teil die Umsiedlung droht. Der Verein will dazu beitragen, dass die Betroffenen dabei nicht übertölpelt werden. „Der Kompensationsprozess ist völlig unzureichend“, kritisiert der Verein in einem Report, der 80 Seiten umfasst: „Das Geld wird nicht reichen, um die Zukunft der Familien zu sichern.“

Umgerechnet 4000 Euro wirft die Cashew-Nuss-Farm jährlich ab, die Ma Nu Man zusammen mit ihrem Mann in Launglon aufgebaut hat. „Für die Farm haben sie etwas mehr als eine Jahresernte angeboten – eher sterben wir, als das anzunehmen“, erklärt die 38-jährige Frau. Und Chit Chit Win, die Sprecherin der Hilfsorganisation Tavoyan Women‘s Union, ergänzt: „Zahlreiche Anwohner haben bereits Felder und Land verloren, sie wurden konfisziert und die Besitzer nicht vernünftig entlohnt.“

Pravee sagt dagegen: „Die Leute freuen sich, dass wir kommen. Dann gibt es Jobs auf dem Bau, in den Fabriken und im Hafen.“ Alle, die weichen müssten, bekämen zehn Kilometer entfernt neues Land zugewiesen, wo Italian-Thai auch neue Schulen, Krankenhäuser und Tempel verspricht. Laut Angaben der Weltbank ist Myanmar ist eines der ärmsten Länder Asiens: Von den rund 55 Millionen Einwohnern leben 37 Prozent unter der Armutsgrenze.

Dawei Port Project zwischen Optimismus und Skepsis

Was den Standort Dawei Port Project so attraktiv macht, verdeutlicht ein Blick auf die Landkarte: Er liegt zwischen Indien und China in der Andamansee, lediglich 300 Kilometer von der Acht-Millionen-Metropole Bangkok entfernt. Derzeit sind die großen Containerschiffe mit Waren für Südostasien gezwungen, den nächsten Tiefseehafen in Singapur anzufahren – oder sogar die noch weiter entfernten Häfen am Chinesischen Meer. Chayut Setboonsarng, Analyst an einem Südostasien-Institut in Bangkok, prophezeit: „Dawei wird Transportzeiten und Kosten dramatisch senken.“

Autobahnen, Eisenbahnlinien und Pipelines sollen dafür sorgen, dass Dawei bis ins 900 Kilometer entfernte China hinein vernetzt wird. In einer Studie sieht das Wirtschaftsforschungsinstitut für Süd- und Südostasien (ERIA) signifikante Wachstumszuwächse für Myanmar, Thailand und die gesamte Region.

Aber auch kritische Stimmen werden laut. Das gesamte Dawei Port Project hat sich verzögert, weil es an Interessenten für die Industriezone mangelt. Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) stellte fest, dass Firmen zunächst Investitionen in die Infrastruktur abwarten würden, bevor sie sich engagierten.

Das Urteil des Experten für Sonderwirtschaftszonen in Myanmar fällt sogar vernichtend aus: „Daweis wirtschaftliche Aussichten sind düster“, sagt Josh Wood von der Australien National University. Dem gesamten Standort mangele es an Infrastruktur wie Straßen, Internet und Banken, er verfüge auch nicht über genügend Arbeiter und liege zudem fernab der etablierten Handelsrouten.

 

Quelle: dpa

Illustration: © Dawei Development Company Limited

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