Auch mehr als zwei Monate nach der Blockade des Suezkanals durch den Frachter „Ever Given“ darf das Schiff seine Reise noch immer nicht fortsetzen. Das Wirtschaftsgericht Ismailia vertagte das Verfahren am 29. Mai nach einer Anhörung um drei Wochen. Im Kern des Rechtsstreits geht es um Kompensationsforderungen der Suezkanalbehörde und um die Beschlagnahme der 400 Meter langen Einheit. Die Behörde und der japanische Eigentümer sollen durch die Vertagung Zeit für eine außergerichtliche Einigung bekommen.
Mittlerweile wurde zudem bekannt gegeben, dass die Kanalbehörde den Kapitän des Frachters für die folgenschwere Havarie direkt verantwortlich gemacht. „Laut Aufzeichnungen drehte das Schiff bei der Einfahrt des Kanals nach rechts, und der Kapitän wollte es zurück zur Mitte lenken“, sagte der Ermittler Sajid Schaischa von der Kanalbehörde. „Er gab zu viele Befehle in sehr kurzer Zeit, etwa acht Befehle in zwölf Minuten, was dem Schiff nicht genug Zeit zur Ausführung lässt. Das Schiff ist sehr groß und es reagiert langsam.“ Technische Probleme habe es nicht gegeben.
Ein Wirtschaftsgericht in der Stadt Ismailia befasst sich mit der tagelangen Blockade der wichtigen Wasserstraße. Die „Ever Given“, eines der größten Containerschiffe der Welt, lief dort im März auf Grund und blockierte den Kanal sechs Tage lang. Die Kanalbehörde fordert wegen wirtschaftlicher Verluste, Arbeiten zur Freilegung des Frachters und Schäden am Kanal rund 550 Millionen Dollar (451 Millionen Euro) Entschädigung. Sie hat die „Ever Given“ beschlagnahmt und will die Weiterfahrt erst bei einer Einigung erlauben. Die nächste Anhörung am Wirtschaftsgericht in Ismailia ist in drei Wochen geplant.
Die Ergebnisse ihrer Ermittlungen habe die Kanalbehörde unter anderem an die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) mit Sitz in London geschickt sowie an die japanischen Eigentümer. Die Vermutung, dass starker Seitenwind bei schlechtem Wetter möglicherweise zu dem Unfall führte, wiesen die Vertreter der Kanalbehörde zurück. Vor Einfahrt der „Ever Given“ hätten mehrere Schiffe mit ähnlicher Ladung und Größe den Kanal erfolgreich durchfahren.
Quelle: DVZ